Der Stellenwert der Liebe in der Antike

Nach Veranlassung, Individualität, Charakter und Bildungsgrad ist die Liebe verschieden. Augustinus nennt die Liebe vita quaedam, duo aliqua copulans vel copulare appetens und Thomas von Aquin complacentia appetibilis seu boni. Die Wurzel der Liebe ist wohl die den Menschen mit den Menschen verbindende Sympathie, welche in der Eltern-, Geschwister- und Verwandtenliebe ihre Ausbildung findet und sich dann zur Liebe gegen Stamm, Volk, Vaterland und Menschheit ausdehnt. Am leidenschaftlosesten und weitesten ist die Menschenliebe, aber sie ist auch ein selten erreichtes Ideal. Die stärkste Liebe dagegen ist die Geschlechtsliebe, die aus einem Bedürfnis und Triebe entspringt, sich aber durch die Dauerhaftigkeit und Konzentrierung desselben auf ein Individuum veredelt. Sie hat für Kultur und Moral die größte Bedeutung. Je enger sie sich beschränkt, desto intensiver ist sie. Sie hängt an der Existenz des Individuums, an seinem dauernden Besitz und Genüsse. Die Geschlechtsliebe ist zwar nie von der Weite und Abgeklärtheit der Nächstenliebe, sie ist persönlich und gibt das eigene Ich nicht auf, sondern ringt nach eigener Glückseligkeit; und wird ihr ihr Ziel versagt, so entwickelt sie sich leicht zur Leidenschaft; aber sie ist andrerseits der größten Opfer fähig, wie es z.B. poetisch in dem freiwilligen Tode der Alkestis (der gyne hyperbeblemene) für Admetos von Euripides dargestellt ist. Wo der liebende Mensch sich selbst vergisst, sich für andere aufopfert, da tritt die schönste Art der Züge der Menschheit hervor.

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Autor:
Gabriele Witzleben
Kategorie:
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